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Interview mit Herzog & de Meuron
Fotos: Diana Pfammatter (Porträts) Text: Kosuke Die
- Jacques Herzog
- Pierre de Meuron
Herzog & de Meuron, ein heute führendes Architekturbüro, wurde von den Architekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron gegründet. Es folgt ein Blick auf die architektonische Philosophie hinter ihren weltweiten Projekten, die sie in ihrem Büro im kleinen Basel in der Schweiz erschaffen.

Herzog & de Meuron, ein heute führendes Architekturbüro, wurde von den Architekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron gegründet. Es folgt ein Blick auf die architektonische Philosophie hinter ihren weltweiten Projekten, die sie in ihrem Büro im kleinen Basel in der Schweiz erschaffen.

© Architekturzentrum Wien, Sammlung, Foto von Margherita Spiluttini

© Iwan Baan
Tate Modern
- Jahr
- 2000
- Ort
- London, Großbritannien
- Kategorie
- Museum
Umbau eines ehemaligen Kraftwerks in ein Museum für moderne und zeitgenössische Kunst am Ufer der Themse.

© Iwan Baan

© Katalin Deér
REHAB Basel
- Jahr
- 2002
- Ort
- Basel, Schweiz
- Kategorie
- Gesundheitswesen
Rehabilitationszentrum für Rückenmarks- und Hirnverletzungen vor den Toren Basels.
Die Aussicht von Basel
Beijings Nationalstadion, bekannt als das Vogelnest, Hauptveranstaltungsort der Olympischen Winterspiele 2022. Das Tate Modern, Londons berühmte Kunstgalerie und eines der größten Museen für moderne Kunst auf der Welt. Die Allianz Arena, Münchens Fußballstadion. Dies sind nur drei der vielen architektonischen Bauten, deren legendäre Designs und innovative Strukturen längst zu Wahrzeichen der Metropolen weltweit geworden sind. Das Architekturbüro Herzog & de Meuron (HdM), gegründet von Jacques Herzog und Pierre de Meuron, steht weiterhin an vorderster Front der zeitgenössischen Architektur.
Bei Aufträgen dieser globalen Bandbreite, sowohl bezüglich des Konzepts als auch der Reichweite, mag es überraschen, dass ihr Team seinen Hauptsitz nicht in New York, London oder Berlin hat, nicht einmal in Zürich, dem Zentrum für Finanzen, sondern in der kleinen Stadt in der Schweiz namens Basel, wo sie seit über vierzig Jahren arbeiten. Tatsächlich wuchsen beide Architekten hier auf und kennen sich seit ihrer Kindheit.
Basel liegt im Nordwesten der Schweiz am Rhein und gilt als Zentrum der Wissenschaft und Kultur seit Gründung der 1460 eröffneten Universität, die älteste der Schweiz. Man kann sich leicht vorstellen wie die Karrieren der beiden Architekten von den fruchtbaren Böden der Stadt genährt wurden. Eine Stadt, die weithin als Mekka der Kunst bekannt ist, dank Museen wie dem Kunstmuseum Basel, dem ältesten öffentlichen Museum Europas, der Stiftung Beyeler oder auch Art Basel, gegründet 1970 und heute eine der größten Kunstmessen der Welt. Seit der Grundschule waren Herzog und de Meuron Klassenkameraden, enge Freunde und spielten jeden Tag Fußball. Beide machten ihren Abschluss an der ETH Zürich. Herzog erzählt uns etwas über ihre Vergangenheit:
„Wir sind unterschiedlichen Charakters, haben verschiedene Talente und Interessen. Um ehrlich zu sein, war es nicht selbstverständlich, dass wir Architekten werden. Pierre wollte Bauingenieur werden und ich haderte zwischen Wissenschaft und bildender Kunst. Ich erinnere mich an ein langes Telefonat 1970, als wir spontan entschlossen, dass Architektur eine gemeinsame Basis für alle unsere Interessen und Talente ist.“
Wo wir gerade von ihren Anfangstagen sprechen, erzählt uns Herzog: „Ich sah mich selbst eher als Künstler anstatt als angehender Architekt. Kunst war für mich verlockender und radikaler.“ Diese Vorliebe war sicherlich auch beeinflusst durch den Ort, in dem sie aufwuchsen.
„Das Kunstmuseum zeigte Ausstellungen von Künstlern wie Donald Judd und Joseph Boys als sie noch relativ unbekannt waren. Ihre Arbeit und intellektuelle Position hatten eine große Wirkung auf mein eigenes Verständnis dafür, was nicht nur Kunst, sondern auch Architektur in Zukunft bewerkstelligen könnten.“

Helsinki Dreispitz
- Jahr
- 2015
- Ort
- Basel, Schweiz
- Kategorie
- Archiv, Büros, Wohnen
Das Projekt kombiniert das Archiv von HdM und den ersten Wohnkomplex für eine aufstrebende Nachbarschaft.

Helsinki Dreispitz Foto ©️ Iwan Baan
Helsinki Dreispitz
- Jahr
- 2015
- Ort
- Basel, Schweiz
- Kategorie
- Archiv, Büros, Wohnen
Das Projekt kombiniert das Archiv von HdM und den ersten Wohnkomplex für eine aufstrebende Nachbarschaft.
1111 Lincoln Road
- Jahr
- 2010
- Ort
- Miami Beach, USA
- Kategorie
- Parkhaus, Einzelhandel, Wohnen
Mehrzweckgebäude in Miami Beach, Florida bestehend aus einer Garage, Läden und Wohnungen.

© Hufton + Crow
Als Architekturfirma, arbeitete HdM mit einer Vielzahl bekannter Künstler zusammen und Partnerschaften mit Thomas Ruff, Andreas Gursky, Gerhard Richter und anderen hat zu dem Stil und Wesen ihrer Arbeiten beigetragen.
Es überrascht nicht, dass sie ihrer Heimatstadt so zugeneigt und verbunden sind, wenn sie so viele Verbindungen zu diesem Ort über die Jahre gepflegt haben.
„Wir konzentrieren uns nicht speziell auf Projekte in Basel“, erklärt Herzog, um Verwirrung zu vermeiden, „aber was sie so besonders macht, ist dass wir sie tagtäglich sehen können. Wir sehen sie mit eigenen Augen und wenn sie den Leuten nicht gefallen, lesen wir darüber in der Zeitung. Dreispitz entwickelt sich zu einem neuen kulturellen Zentrum mit Mehrzweckgebäuden einschließlich Bildungs- und Forschungseinrichtungen bis hin zu Wohnungen und Ateliers. Hier gaben wir den Anstoß und entwickelten das Helsinki Dreispitz, das aus unseren Archiven, Werkstätten und Büros, sowie den ersten Wohnungen in diesem Viertel besteht. Unser Ziel war es, die Umgebung mit neuem Leben, sowohl tagsüber als auch nachts, zu erfüllen. Wir setzen uns täglich mit der Nachbarschaft auseinander und setzen diesen Prozess mit unserem Vorschlag des Dreispitz Nord fort, das die Dichte erhöht und gleichzeitig große öffentliche Grünflächen schaffen soll.“
HdM arbeitete an vielen verschiedenen Projekten in Basel, einschließlich der Renovierung des Volkshaus Basel, die 2011 begann und bis heute fortdauert. Seine Wurzeln hat der historische Versammlungsort im Herzen der Stadt im Mittelalter. Das heutige Haus wurde 1925 als Mehrzweckgebäude eröffnet, aber in den 70ern in ein Bürogebäude umgebaut. Mit dem Ziel seine ursprüngliche Erhabenheit wiederherzustellen, wurde HdM mit dem Projekt beauftragt. Während der Renovierung und der Arbeit mit den Originalplänen, nahmen sie weitere Eingriffe vor, um die einst großzügige Ausstattung des Gebäudes zu modernisieren, einschließlich der Bar, der Brasserie, dem Biergarten, der Veranstaltungshalle, der Galerie und des Hotels, und erhielten für ihre Bemühungen große Zustimmung.



Volkshaus Foto ©️ Robert Rieger
Volkshaus Basel Hotel
- Jahr
- 2020
- Ort
- Basel, Schweiz
- Kategorie
- Hotel
Renovierungsprojekt mit historischen Ursprüngen im Zentrum der Stadt. Jetzt ein Mehrzweckgebäude inklusive Bar, Restaurant und Hotel.
Stadtcasino
- Jahr
- 2020
- Ort
- Basel, Schweiz
- Kategorie
- Konzertsaal
Erweiterung und Renovierung eines der ältesten und wichtigsten Konzertsäle Europas, im Herzen Basels.

Stadtcasino Foto ©️ Ruedi Walti

Stadtcasino
- Jahr
- 2020
- Ort
- Basel, Schweiz
- Kategorie
- Konzertsaal
Erweiterung und Renovierung eines der ältesten und wichtigsten Konzertsäle Europas, im Herzen Basels.

Stadtcasino Foto ©️ Ruedi Walti
„Das Projekt um das Volkshaus Basel wurde genau das, was wir uns immer erhofften – eine Stadt mitten in der Stadt mit all ihren Zutaten. Das Projekt belebt eine Vielzahl historischer Nutzungen und wandelt das ursprüngliche Gebäude in einen Ort für die Menschen im Herzen der Stadt. Gebäude sollten etwas sein, das die Leute stolz macht, weil sie Teil der Stadt sind. Sie sollten sich von anderen Gebäuden in anderen Städten unterscheiden. Sie sollten für einen bestimmten Ort entwickelt worden sein. Genau wie Basel hat jede Stadt ihre eigenen Qualitäten und Gebrechen. Städte werden keineswegs einheitlich, gewöhnlich oder sogar anonym, sondern sie unterscheiden sich immer mehr voneinander. Wie geht man sicher, dass ein Gebäude in einer bestimmten Stadt oder in einem bestimmten Land am besten zu seinem Zweck, seinen Nutzern und der Umgebung vor Ort passt? Unsere Arbeit deckt nun schon seit einigen Jahrzehnten ein breites Spektrum ab, mit Projekten in aller Welt, aber wir haben uns mit jedem einzelnen Projekt vor Ort auseinandergesetzt als wäre es Teil unserer Nachbarschaft.“
Wie Herzog verdeutlicht, müssen Architekt:innen ein unglaublich breites Spektrum an komplizierten Aspekten beachten. Nach Jahren der Auseinandersetzung mit den Herausforderungen der Geschichte und Kultur einer Region, beliebter Standpunkte, rechtlicher Beschränkungen, ökonomischer Angelegenheiten, ästhetischer Sichtweisen und ökologischer Erwägungen, gehören die Neuinterpretation und die Sanierung erhaltener Gebäude zu HdMs zuverlässigsten Tätigkeiten. Für die Erweiterung des Stadtcasino Basel, die im letzten Jahr fertiggestellt wurde, orientierten sie sich an den existierenden neobarocken Strukturen aus dem 19. Jahrhundert, ahmten den Stil dieser Epoche für den Außenbereich nach und verwendeten eine Kombination zeitgenössischer Materialien für den Innenbereich. Für den UNIQLO TOKYO Store in Ginza brachten sie die verborgene Schönheit der originalen Betonstruktur zum Vorschein, entfernten die Fassade und enthüllten die bestehenden Pfeiler und Balken. Das Resultat ist ein weiter, vertikal transparenter Innenraum.
„Unsere Herangehensweise besteht darin, mit der existierenden materiellen Welt der Objekte zu arbeiten, nicht gegen sie. Wir halten die Form für natürlich und inspirierend, die oft in unerwarteten und innovativen Resultaten endet.“
Anstatt Relikte der Vergangenheit einfach zu erhalten, bedeutet dies, den bestehenden Wert und die Funktionalität mit einzukalkulieren, mit dem Ziel etwas ganz und gar Gegenwärtiges zu erschaffen. Betonend, dass „wir nicht länger einen Unterschied zwischen alt und neu machen können“, glauben sie, dass die komplexen Verhältnisse moderner Städte, die jeden einzelnen Tag neu entstehen, der Ursprung neuer Herausforderungen sind.
„Die Pandemie erinnert uns daran, wie wichtig es ist, das Leben in unseren Städten zu verbessern. Wir müssen zugängliche öffentliche Räume erschaffen, nicht nur Parks und Gewerbegebiete, sondern auch kulturelle Institutionen und spezielle Orte, die Ansammlungen und Identitäten fördern.“

© Herzog & de Meuron

© Herzog & de Meuron

© NACASA & PARTNERS

© NACASA & PARTNERS
UNIQLO TOKYO
- Jahr
- 2020
- Ort
- Tokio, Japan
- Kategorie
- Einzelhandel
Renovierung von UNIQLOs weltweitem Flagship Store, wiedereröffnet im letzten Jahr auf den Etagen 1 bis 4 im Marronnier Gate Ginza, erbaut 1984.

© Eik Frenzel
Das perforierte Eingangstor vor dem Büro von HdM basiert auf der Fassade des de Young Museums in San Francisco und wurde als Muster vor der Fertigstellung des Gebäudes produziert.
Herzog & de Meuron
Architekturfirma
Herzog & de Meuron wurde 1978 in Basel gegründet. Sie erhielten unzählige Preise, darunter den Pritzker Architekturpreis (2001), die RIBA Royal Gold Medal (GB, 2007) und den Praemium Imperiale (Japan, 2007). 2015 gründeten sie die gemeinnützige Stiftung Jacques Herzog und Pierre de Meuron Kabinett, Basel.

© Diana Pfammatter