
So weit weg von zu Hause
Geboren und aufgewachsen in der Ukraine, arbeitet Dariia Baranovska momentan im UNIQLO Store in Amsterdam.
DIE MACHT DER
KLEIDUNG
Oktober 2022 Nr.23
„Ich war mit meinem Verlobten verreist. Am Tag vor unserer Rückkehr änderte sich alles.”
Dariia, die sich unter anderem für Animationsfilme und Philosophie interessiert, ist in Kiew geboren und aufgewachsen. Während eines Besuchs in Polen konnten sie aufgrund der Invasion Russlands nicht mehr nach Hause zurückkehren.
Fotos: Shinsuke Kamioka

Dariia Baranovska
Arbeitet im UNIQLO Store Kalverstraat in
Amsterdam. Neben Dariia hat der Store vier weitere Mitarbeitende als Teil
Unserer Unterstützung für Flüchtlinge eingestellt.
Mein Mann Alex und ich verreisten am 5. Februar und besuchten unser Nachbarland Polen. Einige Wochen blieben wir Krakau, der ehemaligen Hauptstadt Polens. Eine Stadt reich an Traditionen und Geschichte.
Wir planten, am 25. Februar in unsere Heimat zurückzukehren. Aber an unserem letzten Tag, weckte Alex mich 5 Uhr morgens auf, als es noch dunkel war. Seine Stimme klang fürchterlich ernst: „Wir können nicht zurück nach Kiew“, sagte er, weil Russland in die Ukraine eingefallen war.
Das Umland von Kiew, wo ich geboren und aufgewachsen bin, wurde angegriffen. Niemand wusste, was passieren würde. Wir klebten an diesem Nachmittag am Fernseher. Die Leute flohen mit dem Auto aus der Ukraine und es bildeten sich 500 km weite Status von Kiew bis nach Polen. So etwas hatte ich noch nicht gesehen.
Ich verstand nichts von dem, was ich hörte oder sah. So begannen wir unser neues Leben, das wir uns nie vorgestellt hatten und um das wir nicht baten.
Alex sagte immer zu: „Wir müssen zurück in die Ukraine und kämpfen.“ Aber wir haben das besprochen und beschlossen, dass wir auch von Polen aus helfen können. Seine Mutter, die in Kiew lebte, fuhr allein zur Grenze zu uns. Irgendwie hatte sie es sicher nach Krakau geschafft, wo sie bleiben wollte, um sich zurechtzufinden

Limmen ist auf dem Landweg ungefähr 2000 km entfernt von Kiew.
Animationsfilme und Existenzialismus
Philosophie
Ich studierte Wirtschaft an der Graduiertenschule. Ich liebte Filme schon immer, also beschloss ich nachzuforschen, wie eine Kinokette in Kiew ihr Geschäft reorganisieren könnte. Seit meiner Kindheit gehe ich ins Kino. An diesem Punkt haben wir möglicherweise das goldene Zeitalter des Vertriebs überschritten, aber ich wollte meinen Teil dazu beitragen, dass die Menschen auch in Zukunft diese besondere Erfahrung erleben können, Filme auf der großen Leinwand zu sehen.
Ich mag klassische Geschichten über Beziehungen, wie die Adaption von Jane Austens Stolz und Vorurteil, aber ich bin auch ein Riesenfan von Animationsfilmen, von den Disney-Klassikern über die neuen Filme von Pixar bis hin zu Hayao Miyazaki. Ich war Sieben Jahre alt, als Chihiros Reise ins Zauberland in der Ukraine erschien.
Für meine Promotion in Wirtschaftswissenschaften, musste ich neben speziellen Kursen auch Philosophie und Englisch belegen. So begann ich also, Philosophie zu studieren und war bald darauf begeistert. Zu dieser Zeit schenkte mir meine Mutter, die damals noch gesund war, eines ihrer Lieblingsbücher über Philosophie. Das Buch weckte mein Interesse am Atheismus von Diderot und dem Existenzialismus von Sartre. Ich war so inspiriert, dass ich beinahe zum Philosophiestudium wechselte.

Dariias geschätzte Bücher. Eine Chronik der Animation (oben), das sie auf ihre Reisen ach Polen mitnahm, und die Einleitung in Philosophie von ihrer Mutter.
Ein Haus in den Niederlanden mieten
Die Dinge entwickelten sich und ich verließ die Graduiertenschule, um in die Filmproduktion und den Schnitt zu gehen. Später arbeitete ich im Online-Kundendienst bei Amazon. Das war meine Arbeit, bis wir herausfanden, dass wir nicht zurückkehren könnten. Alex arbeitet für ein PR-Unternehmen und kann weiterhin aus der Ferne arbeiten.
Alex Mutter brauchte fünfzehn Stunden nach Polen. Als wir überlegten, wo wir wohnen könnten, erhielt sie eine Nachricht von einer guten Freundin, die uns von einer Bekannten und deren Airbnb in den Niederlande erzählte. Das Haus war gerade nicht vermietet, also erlaubten sie uns, dort gratis zu wohnen. Das war eine große Hilfe.
Also ließen wir Polen hinter uns, reisten weiter nach Westen über Deutschland und kamen in den Niederlande an, wo wir sofort in Richtung Limmen fuhren, nördlich von Amsterdam.

Ein Foto der jungen Dariia und ihrer Mutter im Botanischen Garten von Kiew, sowie die Kette ihrer Mutter mit dem Wappen der Ukraine.
Das Haus, das wir dank der Bekannten von Alex Mutter fanden, ist ein großartiger Ort, umgeben von üppiger Natur. Wir drei haben hier in Zuhause gefunden, Alex, dessen Mutter und ich. Ein Ort, den wir möglicherweise niemals besucht hätten, wenn kein Krieg herrschen würde. Limmen, die Stadt, in der wir leben, ist ungefähr 2000 Kilometer von Kiew entfernt.
Dass wir das Haus fanden, war großartig, aber da Alex und ich direkt von unserer Reise herkamen, besaßen wir nur ein paar Wintersachen, und seine Mutter hatte fast nichts eingepackt. Wir mussten fast von ganz vorne anfangen.
Sobald wir von dem Wohltätigkeitsgeschäft in der Nachbarschaft hörten, fuhren wir direkt hin und erhielten Dinge gratis, die wir im Haus benötigten. Das hat wirklich geholfen.

Pfannkuchen zum Frühstück, garniert mit Früchten. Genau wie Alex es mag.
Die meisten ukrainischen Flüchtlinge sind Frauen und Kinder. Im Geschäft ist alles Mögliche für Babys und Kinder erhältlich, einschließlich Spielzeug. Wir waren sehr von der Zuvorkommenheit, Weisheit und Güte der Menschen bewegt.
Nachdem wir das Geschäft einige Male besuchten, fragte uns jemand: „Hey Leute, braucht ihr Fahrräder?“ Fast alle in der Nachbarschaft fahren mit dem Rad. Eine großartige Möglichkeit, zum Bahnhof zu kommen. „Wenn ihr welche übrig habt,“ antworteten wir und in weniger als einer Woche hatten wir zwei Fahrräder. Ich konnte es kaum glauben.
In Kiew waren wir nicht mit dem Rad unterwegs, also drehten wir zuerst ein paar Runden um den Block, um zu üben, bevor wir zum Bahnhof fuhren. Die Gegend um das Haus herum ist sehr ländlich und Fahrradfahren fühlt sich großartig an. Es macht den Kopf frei.
Das Zentrum, in dem sich das Wohltätigkeitsgeschäft befindet, wurde von einer Russin eröffnet, die seit fünfzehn Jahren in den Niederlande lebt. Es ist jedoch kein gewöhnlicher Second-Hand-Laden. Sie bieten auch Konversationskurse für Englisch an, da jeder hier Englisch spricht. Es ist eine Art Beratungsstelle für Flüchtlinge und all ihre Fragen.

Die schöne Landschaft lädt zum Spazierengehen ein.
Die Suche nach einem interaktiven Arbeitsplatz
Da ich nicht nur nehmen wollte, suchte ich nach Wegen, im Geschäft auszuhelfen. Schon bald half ich bei der Annahme und Sortierung von Spenden sowie bei der Reinigung. Diese Form der Beteiligung gab mir das Gefühl, Teil der Nachbarschaft zu sein.
Bald darauf erfuhr ich, das UNIQLO in Amsterdam Flüchtlinge aus der Ukraine einstellt. Ich hatte dort eine Ultra Light Down Daunenjacke gekauft und mochte die Atmosphäre des Geschäfts. Der Gedanke, direkt mit der Kundschaft im Einzelhandel zu kommunizieren war sehr spannend.
Wenn man die ganze Zeit zu Hause verbringt, konzentriert man sich zu schnell auf Freunde und Familie in Kiew. Jeder Gedanke drehte sich um die Ukraine und den Krieg. Das und die Sorge, wie es weitergehen würde. Aber die Arbeit mit unserer Kundschaft machte es mir unmöglich, mich dem zu verschließen. Mir wurde klar, dass ich meine Zeit in dieser Umgebung verbringen musste.
Die Dinge haben sich gut entwickelt. Ich arbeite im Store, helfe der Kundschaft. Es macht Spaß, mit den anderen zusammenzuarbeiten. Die Arbeit passt perfekt zu mir.
In Amsterdam kommen Leute aus aller Welt zusammen. Mindestens die Hälfte der Bevölkerung stammt von außerhalb. Auch die Mitarbeitenden und Kundschaft kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen. Jeder mit einer eigenen Sichtweise. Das ist so interessant.
Die tägliche Arbeit mit Menschen ist eine gute Übung für den Geist. Eine Frage wie: „Hält mich diese Jacke im Winter warm?“, bedeutet für jemanden aus Norwegen etwas anderes als für jemanden aus Spanien. Dementsprechend fällt die Antwort aus und ich habe mich daran gewöhnt, Dinge in den Kontext zu rücken. „Es mag bei Temperaturen unter null nicht warm genug sein.“ Amsterdams Diversität hat mich viel gelehrt.

Im Gespräch mit einer Kundin im UNIQLO Store Kalverstraat in Amsterdam.
Eines Tages zurück in die Ukraine
Wegen meines Akzents und meiner Intonation fragen mich die Leute manchmal nach meiner Herkunft. Die ukrainische Intonation ist für gewöhnlich sanfter als die russische. Einige behaupten, sie habe eine melodische Art wie das Italienische. Einmal jedoch, sagte ein Kunde mir: „Ihr Akzent klingt ein bisschen stärker als ich ihn von einer Ukrainerin erwartet hätte.“ Ich spreche sowohl Ukrainisch als auch Russisch und ich frage mich, ob mein Russisch meine Art Englisch zu sprechen beeinflusst hat. Deshalb lohnen sich solche zwischenmenschlichen Erfahrungen.
Selbstverständlich möchte ich eines Tages in die Ukraine zurückkehren. So weit weg von zu Hause zu sein, fällt besonders Alex schwer. Aber es wird noch lange dauern, bis wir wieder nach Hause können.
Sobald ein Krieg ausgebrochen ist, braucht es viel Zeit und Mühe, eine friedliche Situation herzustellen. Viele weitere Menschen werden ihr Leben verlieren. Dessen war ich mir zuvor nie bewusst, aber ich lernte durch all das, dass Frieden nicht einfach so zu erreichen ist. Und wir werden unser Heimatland nie vergessen. So überstehen wir den Tag.

Nach der Arbeit trainiert Alex Judo in einem örtlichen Dojo.

Diese Schafweide ist ein schöner Ort für einen Spaziergang. Dariias Halskette ist ein Andenken ihrer Mutter.
Fünf Tage nach dem Angriff auf die Ukraine, lieferte UNIQLO ungefähr 50.000 Kleidungsstücke nach Polen.
Wie reagierte UNIQLO auf die Krise in der Ukraine? Durch die Zusammenarbeit mit gemeinnützigen Organisationen und mithilfe von Systemen für humanitäre Hilfe online und in unseren Stores.
Maria Samoto le Dous
Leiterin der Abteilung für Nachhaltigkeit in der EU und Russland

Maria besitzt eine positive Einstellung zur Kommunikation. Vor sechs Jahren stellten wir im Rahmen unserer Bemühungen, syrische Flüchtlinge zu unterstützen, einen jungen Mann, der aus Syrien geflohen war, in Berlin ein. Heute arbeitet er im Store Operations Team für UNIQLO Deutschland.
Der Krieg begann an einem Donnerstag. Zu Beginn der nächsten Woche waren unsere Posteingänge gefüllt mit Nachrichten von Leuten, die helfen wollten.
Die meisten Flüchtlinge aus der Ukraine sind Frauen, Kinder und ältere Menschen. In Polen, der Hauptstandort unserer Initiativen, lagen die Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Es war unerlässlich, die Flüchtlinge mit warmer Kleidung auszustatten.
Also kontaktierten wir Goods for Good, eine unserer langjährigen Partnerorganisation und schickten ihnen Winterkleidung aus unseren Lagern. Dank ihrer Hilfe wurden ungefähr 50.000 Kleidungsstücke nach Polen geliefert.
Dies war unsere größte Notfallmaßnahme seit Beginn des Syrischen Bürgerkriegs. Damals lebte ich in Deutschland und konnte miterleben, wie Deutschland 1,2 Millionen Flüchtlinge willkommen hieß.
Die damalige Situation hat mich aus erster Hand gelehrt, dass die Bereitstellung von Kleidung und Beschäftigungsmöglichkeiten für Vertriebene nur dann effektiv ist, wenn interne Freiwillige zusammen mit NGOs und Organisationen wie UNHCR, dem Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen, zusammenarbeiten.
Während wir weiterhin Kleidung spenden, konnten wir innerhalb von zwei Monaten zwanzig ukrainische Flüchtlinge einstellen.
Auf dem Weg zur interkulturellen Verständigung
Bei der Einstellung unserer Mitarbeitenden verfolgen wir eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Diskriminierung, auch bezüglich der Nationalität oder Herkunft. Aus meiner bisherigen Erfahrung lernte ich, dass der gegenseitige Respekt in einem diversen Team, die Zusammenarbeit stärkt und die Arbeit im Store sowie den Service verbessert.
Um dies zu erreichen, ist eine Atmosphäre des interkulturellen Verständnisses notwendig. Ohne Unterschiede in Glauben oder Lebensweise anzuerkennen, führt die kleinste Handlung zu Missverständnissen. So ist es beispielsweise in einigen Teilen Afrikas verboten, Lehrenden oder Vorgesetzten in die Augen zu schauen. Du kannst dir vorstellen, welche Missverständnisse dies mit sich führte. Die Ukraine hat viel mit dem Rest Europas gemeinsam, aber wir versuchen stets mehr über die Einzigartigkeit der Kultur zu lernen.

Abgeschnittene Etiketten verhindern den Weiterverkauf von Artikeln.
Rahmenbedingungen für Hilfeleistungen schaffen
Neben unseren Kleiderspenden begannen wir mit finanzieller Unterstützung. Dies begann als internes Fundraising-Programm, bevor es auf unsere Kundschaft ausgeweitet wurde.
Des Weiteren schufen wir Rahmenbedingungen für Spenden in unseren Stores. Einkäufe resultieren stets in Bruchteilen und wir haben ein System erschaffen, dass es erlaubt, ein paar Cents zu spenden oder den Betrag aufzurunden. Auf diese Art spendeten über 30.000 Kunden und Kundinnen 100.000 €. Die Spende beim Bezahlvorgang senkt die Hürde und erleichtert es den Leuten, sich zu engagieren.
Die Krise in der Ukraine hat unsere Aufmerksamkeit bezüglich Flüchtlingsfragen dramatisch gesteigert. Die Probleme beschränken sich jedoch nicht ausschließlich auf die Ukraine. Afghanistan, Syrien, Sudan, Myanmar ... die Situationen verschlechtern sich weltweit. Um unsere Systeme zur Unterstützung von Vertriebenen zu stärken, müssen wir weg von fragmentierten Programmen und hin zu engagierten, nachhaltigen Maßnahmen, die es jedem möglich machen, zu helfen.
Lebenswichtige Güter denjenigen zu überreichen, die sie am dringendsten benötigen. Darum geht es.
Goods for Good ist eine gemeinnützige Organisation, die Menschen und Gemeinden in Not weltweit mit grundlegenden Gütern versorgt. Wir besuchten sie in ihrem englischen Hauptsitz außerhalb Londons, um mehr über die humanitären Hilfen zu erfahren.
Rosalind Bluestone
Gründerin & CEO von Goods for Good

Nachdem Rosalind zwölf Jahre für eine Wohltätigkeitsorganisation mit Sitz in England arbeitete, gründete sie vor acht Jahren ihre eigene gemeinnützige Organisation, die mittlerweile in über 25 Ländern aktiv ist und Menschen hilft.
Der Hauptsitz von Goods for Good befindet sich in einem Wohngebiet von Watford, nordwestlich von London. Als gemeinnützige Organisation ist es ihre Aufgabe, Regionen, die von Armut und Naturkatastrophen betroffen sind, sowie Menschen, die durch bewaffnete Konflikte ihr Zuhause verloren haben, mit lebensnotwendigen Hilfsgütern zu versorgen.
Der Ausdruck humanitäre Hilfe weckt Erinnerungen an das Tōhoku-Erdbeben 2011 in Japan. Damals lernten wir die Bedeutung von etikettierten Kartons kennen. Betroffene Gebiete erhielten aus aller Welt eine enorme Anzahl an Kartons mit Lebensmitteln, Wasser, Medikamenten und Kleidung, von denen viele nicht eindeutig beschriftet waren und sich deshalb in Turnhallen von Schulen türmten, wo ehrenamtliche Helfer und Helferinnen Brauchbares von Unbrauchbarem sortierten
160 Teddybären für 160 Weisenkinder
Mit den Worten von Rosalind Bluestone, CEO and Gründerin von Goods for Good: „Das Grundprinzip, Dinge in betroffene Gebiete zu schicken, ist einfach. Lebenswichtige Güter gehen an die, die sie dringend benötigen. Unsere Arbeit beginnt immer damit, herauszufinden wer was am nötigsten braucht. Wenn du Menschen etwas schickst, das sie nicht brauchen, wird es zu Abfall und die Energie, die du benötigst, um die Güter zu verschicken, ist verschwendet. Und wenn du jemandem ein nicht gekennzeichnetes Paket schickst, das erst geöffnet werden muss, um dessen Inhalt zu kennen, macht das die Dinge schwieriger als nötig und schafft zusätzliche Arbeit für Freiwillige und diejenigen, die Waren verteilen.“
Der Hauptsitz von Goods for Good ist relativ klein. Das Gebäude beherbergte früher ein Unternehmen für Baumaterialien und besitzt deshalb ein kleines Lager auf dem Gelände. Wo genau war also der Ausgangspunkt für die 50.000 Artikel, die UNIQLO Goods for Good für den Versand nach Polen anvertraut hat? „Es gibt zwei Lager in Nordengland und ein weiteres in den Niederlanden. Die Kleidung von UNIQLO kam auf 109 Paletten im niederländischen Lager an. Jede Palette enthielt achtzehn dieser großen Kartons. Von dort wurden sie auf dem schnellsten Weg nach Polen transportiert.“
Am Tag unseres Besuches am Hauptsitz von Goods for Good, war man gerade mit einer neuen Lieferung von Kinderkleidung von UNIQLO beschäftigt. Dazu gehörte unter anderem das Zerschneiden der Etiketten, um einen Weiterverkauf zu verhindern und einen LKW zu beladen, der nach Wales fahren sollte, wo man hunderte ukrainische Flüchtlinge empfing.
Am Tag unseres Besuchs waren Freiwillige aus Wales eingetroffen, um Kinderkleidung von UNIQLO abzuholen. Unsere eigenen Mitarbeitenden halfen aus und sorgten für einen reibungslosen Warentransfer. Auf dem mittleren Foto ist eine Handvoll 20GB-SIM-Karten abgebildet.
„Großbritannien wird bald 160 Kinder aufnehmen, die wegen des Kriegs in der Ukraine zu Waisen geworden sind. Natürlich benötigen sie Kleidung, aber um sie noch besser zu unterstützen, fragten wir ein berühmtes Kaufhaus, mit dem wir oft zusammenarbeiten, ob es bereit wäre, 160 Teddybären bereitzustellen. Kurz darauf wurden fast doppelt so viele Teddybären geliefert.“
Wir können gegen Kälte und Hunger helfen, aber es ist unmöglich, Eltern zu ersetzen. Ein Teddy hat die richtige Größe für ein Kind, um ihn im Arm zu tragen. Die Art der humanitären Hilfe, der Rosalind nachgeht, beschäftigt sich auch mit Dingen, die über das Physische hinausgehen. Ein anschauliches Beispiel sind die für Mobiltelefone verwendeten SIM-Karten.
„Früher gab es solche Dinge nicht, aber jetzt gehören sie zu den Sachen, die man bei sich haben muss, wenn man eine Grenze überquert. Wir erhielten 8500 kostenlose Karten von einem Telekommunikationsunternehmen. Die Ukrainer und Ukrainerinnen, denen wir sie geschenkt haben, waren überglücklich.“
Die größte Herausforderung ist die Finanzierung
Die Republik Moldau, ein weiteres Aufnahmeland für Flüchtlinge aus der Ukraine, gilt als ärmstes Land Europas. Goods for Good hat auch ihnen geholfen, indem es den Menschen der Republik humanitäre Hilfe bereitstellte.
Zum Abschluss haben wir gefragt, was Goods for Good derzeit am meisten braucht.
„Die größte Herausforderung für uns ist die Finanzierung. Da die Zahl der Menschen, die unter Armut, Naturkatastrophen und bewaffneten Konflikten leiden, stetig wächst, steigt auch die Zahl der Orte, die wir versorgen müssen, was eine Erweiterung unserer Lagerkapazität erfordert. Als aufstrebende Wohltätigkeitsorganisation mit begrenzten Mitteln sind wir nicht in der Lage, die ständig wachsenden Anfragen zu erfüllen. Dank der Unterstützung unserer Partnerunternehmen und -organisationen haben wir es so weit geschafft … aber unsere Situation ist nichts im Vergleich zu den Menschen, die darauf warten, dass wir Hilfe schicken.“

Über einhundert Millionen Menschen weltweit mussten ihre Heimat verlassen.
Das passiert nicht mehr nur in weit entfernten Ländern.
Der Krieg in der Ukraine hat das Bewusstsein für Vertriebene auf ein Niveau ohnegleichen gehoben. Was können wir tun, um zu helfen, während die Zahl der Menschen, die zur Flucht gezwungen sind, weiterhin alarmierend zunimmt?
Ritsu Nacken
Stellvertretende Vertreterin des Flüchtlingshochkommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) in Japan

Nach ihrem Abschluss an der International Christian University (ICU) arbeitet Ritsu Nacken für verschiedene gemeinnützige Organisationen, bevor sie ihren Master in Non-Profit/Public/Organizational Management an der New School erhält. Seitdem war sie zwanzig Jahre für etliche UN-Agenturen in Fidschi, Italien, Äthiopien, Vietnam and Sri Lanka tätig. Ihre aktuelle Position begann 2021.
Über einhundert Millionen Menschen haben ihre Heimat aufgrund von Konflikten und Verfolgung verloren. Die Zahl an Flüchtlingen ist innerhalb der letzten zwanzig Jahre rasant gestiegen. Doch anstatt sich in Richtung einer Lösung zu bewegen, wird die Situation für Vertriebene immer ernster.
Die Gründe für diesen Anstieg variieren, aber im Großen und Ganzen kämpfen die Menschen in Ländern wie Afghanistan, Syrien, Äthiopien und Venezuela seit Jahren und ihre Bedürfnisse wachsen stetig weiter. Hinzukommt der Klimawandel, der die Situation noch weiter verschärft.
Eine weitere Sorge ist, dass einst als universell angesehene Werte wie Frieden und Menschenrechte, ihren Halt in immer mehr Gesellschaften verlieren und somit schutzbedürftige Menschen, vor allem Frauen und Kinder, zwingen, zu fliehen.
Diese sich überschneidenden Faktoren führten zu einer weltweiten Destabilisierung, die die Situation der Flüchtlinge verkompliziert und verschlimmert hat. Die internationalen Bemühungen der Weltgemeinschaft konnten damit nur schwer Schritt halten. Das Resultat, eine ständig wachsende Anzahl Vertriebener. Das ist die schlimme Situation, der wir momentan gegenüberstehen.
Die Schlüsselrolle von Gemeinschaften, Unternehmen und Menschen vor Ort
Sicher ist es für jedes Land von entscheidender Bedeutung, eine eigene Politik bezüglich Flüchtlingsfragen zu entwickeln. Was das Ganze jedoch so schwierig macht, ist, dass abgesonderte Bemühungen uns daran hindern können, wirklich nachhaltige Lösungen zu erreichen. Vertriebene benötigen die Zusammenarbeit und das Verständnis der Gemeinschaft, Unternehmen und Menschen vor Ort, um ihr Leben wieder aufbauen zu können. Sie müssen sich einbezogen fühlen und von der Gastgemeinschaft einbezogen werden.
Eine der entscheidenden Aufgaben des UNHCR ist die Errichtung von Rahmenbedingungen für die Flüchtlingshilfe und die Koordinierung der Maßnahmen zur Unterstützung von Menschen, die zur Flucht gezwungen wurden. Zu Beginn entsenden wir zügig Personal und richten Notunterkünfte und Flüchtlingsunterkünfte ein, damit diese Menschen ein Dach über dem Kopf haben. Danach werden grundlegende Artikel verteilt, damit sie sich wie zu Hause fühlen können. Wir bieten auch Bargeldunterstützung zur Deckung der grundlegenden Lebenshaltungskosten an. Diese Programme werden in Koordination mit über 140 humanitären Organisationen durchgeführt und stützen sich auf das Wissen und die Erfahrung gemeinnütziger Organisationen und Freiwilliger mit Wurzeln in der örtlichen Kultur.
Zu den wichtigsten Aufgaben gehört, auf die Gefahren des Menschenhandels und sexueller Ausbeutung aufmerksam zu machen. Dank unserer Partnerschaften können wir traumatisierte und gewaltbetroffene Kinder betreuen, private Pflegeräume einrichten und Orientierungshilfen für Kinder mit Beeinträchtigungen anbieten.
Nicht etwas, das in weit entfernten Ländern geschieht
Eine Vielzahl an Unternehmen unterstützt uns mit humanitärer Hilfe oder Sachspenden wie Kleidung oder Möbel. UNIQLOs schnelle Lieferung mit warmer Kleidung, war das, was in den ersten kalten Monaten in der Ukraine-Krise gebraucht wurde. Hinzukommt, dass UNIQLO nicht nur 1,1 Milliarden Yen spendete, sondern auch eine Möglichkeit geschaffen hat, dass die Kundschaft schnell und problemlos spenden kann, was zu einem stetigen Strom an Unterstützung führte. Da sich die Bedürfnisse von Flüchtlingen jeden Moment ändern können, tragen Spenden dazu bei, ein flexibles Hilfssystem aufrechtzuerhalten.
Der Krieg in der Ukraine hat das Bewusstsein für Vertriebene wie nie zuvor ins Rampenlicht gerückt. Wir hoffen, dass Menschen dadurch angeregt sind, Flüchtlingshilfsmaßnahmen zu unterstützen, die sich nicht nur auf die Ukraine konzentrieren, sondern weltweit agieren. Flüchtlingsfragen sind nicht etwas, das weit entfernte Länder betrifft. Wir alle müssen Möglichkeiten finden, Menschen zu unterstützen, die vertrieben wurden.
Dank eurer Spenden konnten wir bis heute 19 Millionen Yen für den Nothilfefond für die Ukraine sammeln.
Wir möchten uns auch auf diesem Wege herzlich bedanken. Alle Spenden, die durch UNIQLO und GU gesammelt wurden, werden für Programme zur Unterstützung von Menschen verwendet, die aufgrund des Krieges in der Ukraine vertrieben wurden. Vielen Dank für eure Hilfe.
Die Zukunft mithilfe der Macht der Kleidung ändern.
Als Hersteller von Kleidung, einem überlebenswichtigem Gut, setzt UNIQLO alles daran, die Macht dieser Ressource zu nutzen. Damit wir auch weiterhin Kleidung an Menschen in Not liefern können, bitten wir unsere Kundschaft, nicht mehr benötigte Produkte für Flüchtlinge und Vertriebene auf der ganzen Welt sowie für sozial benachteiligte Menschen direkt in unseren Stores zu spenden.

Kleiderspenden über
46,19 Millionen Produkte
in 79 Ländern und Regionen (Stand: August 31, 2021)
In Afrika gespendete Produkte | 33.957.600 |
---|---|
In Asien gespendete | 7.349.900 |
Im Nahen Osten gespendete Produkte | 3.039.600 |
In Europa gespendete Produkte | 1.256.400 |
In Nordamerika gespendete Produkte | 324.100 |
In Südamerika gespendete Produkte | 230.600 |
In Ozeanien gespendete Produkte | 36.700 |
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